Voraussetzungen einer sog. echten Druckkündigung
Am 22.9.2021 fand zwischen den Beteiligten ein Gespräch statt. Gegenstand des Gespräches waren insbesondere die Minusstunden der Mitarbeiter/innen und die Nichterbringung von Gruppenarbeit durch die betreffende Mitarbeiterin. Am 11.11.2021 gab es einen Team- Workshop. Ziel des Workshops war die Erarbeitung einer Struktur und Regeln für die künftige Zusammenarbeit. Ein Mediationsverfahren fand am 17.01.2022 statt. Der Termin wurde nach einer halben Stunde abgebrochen. Im Anschluss daran soll eine nicht näher benannte Anzahl an Mitarbeiter/innen Eigenkündigungen angedroht haben. Die Arbeitgeberin hat daraufhin eine suggestive Fragen beinhaltende Umfrage mit sämtlichen Mitarbeiter/innen durchgeführt. Diese sind aufgefordert worden das Fehlverhalten der kritisierten Mitarbeiterin aufzuzeigen.
Die Mitarbeiterin erkrankte ab dem 18.01.2022 arbeitsunfähig. Während der andauernden Arbeitsunfähigkeit stellte die Arbeitgeberin die Mitarbeiterin unter Fortbezahlung der Vergütung frei. Die Arbeitgeberin hörte den Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Mitarbeiterin an. Dieser stimmte zu. Mit Schreiben vom 14.03.2022 kündigte die Arbeitgeberin sodann das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Die Mitarbeiterin klagte gegen die Kündigung und meinte, es bestehe kein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Die hohen Voraussetzungen einer sog. Druckkündigung lägen nicht vor.
Es lag kein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die fristlose Kündigung vor. Ebenso lag kein Kündigungsgrund i.S.d. § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für eine ordentliche Kündigung vor. Konkrete Pflichtverletzungen, die auch ohne Ausspruch einer vorherigen Abmahnung, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, hatte die Arbeitgeberin nicht dargelegt und sich auch nicht darauf berufen. Gleichermaßen hatte die Arbeitgeberin keinen verhaltens- oder personenbedingten Grund i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG aufgezeigt oder sich auf einen solchen berufen.
Auch die Voraussetzungen einer sog. echten (außerordentlichen) Druckkündigung lagen nicht vor. Eine solche ist gegeben, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen. Fehlt an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung (d.h. es liegt kein Grund i.S.d. § 626 BGB vor bzw. im Rahmen ordentlicher Kündigung kein Kündigungsgrund i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG), so kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit einer sog. „echten Druckkündigung“ sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, inwieweit der Arbeitgeber die Drucksituation selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat (vgl. BAG, Urt. v. 18.07.2013, Az. 6 AZR 420/12).
Die Arbeitgeberin hatte hier jedoch keinen Versuch unternommen sich nach den Eigenkündigungsdrohungen schützend vor die betreffende Mitarbeiterin zu stellen. Das Gegenteil war vielmehr der Fall: Nachdem das Mediationsgespräch abgebrochen werden musste und anschließend eine nicht näher benannte Anzahl an Mitarbeiter/innen Eigenkündigungen angedroht haben sollen, hatte die Arbeitgeberin eine suggestive Fragen beinhaltende Umfrage mit sämtlichen Mitarbeiter/innen durchgeführt. Die Mitarbeiter/innen waren mit dem Fragebogen aufgefordert worden, das Fehlverhalten der betreffenden Mitarbeiterin aufzuzeigen.