Easyjet: Kündigungen am Flughafen BER
Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die ausgesprochenen Kündigungen der ersten Kündigungswelle für wirksam und die der zweiten Kündigungswelle für unwirksam erklärt. Weitere Verfahren sind anhängig.
Nach Entscheidung der 5. Kammer des LAG und dem folgend weiterer Kammern sind die ausgesprochenen Kündigungen der ersten Kündigungswelle wirksam. Die Kündigungen sind durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt. Es ist aufgrund der unternehmerischen Entscheidung zur Reduzierung der am BER stationierten bzw. der als „Flugzeugkontingent“ dem BER zugeordneten Anzahl von Flugzeugen von 34 auf 18 von einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfes auszugehen.
Die Arbeitgeberin hat schlüssig dargelegt, mit welcher Anzahl von Beschäftigten sie den verbleibenden Bestand an Flugzeugen vom BER aus betreiben will. Zwar stellt die angeordnete Kurzarbeit ein Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsmangel dar, Anlass der Kündigung war jedoch nicht der vorübergehende Arbeitsmangel, sondern die ab Juni 2020 geplante und ab Dezember 2020 umgesetzte Reduzierung des Flugzeugkontingents.
Die Tatsache, dass die Arbeitgeberin keine langfristig gültigen Flugpläne aufgestellt, sondern kurzfristig und flexibel auf die Nachfrage reagiert hatte, stand einem dauerhaften Wegfall der betroffenen Arbeitsplätze nicht entgegen. Kurzfristige Flugplanänderungen zwingen nämlich nur dann zu einer Vergrößerung des Flugzeugkontingents, wenn sie mit dem bestehenden Kontingent nicht abgewickelt werden können, wofür es hier keine Anhaltspunkte gab.
Bei der Sozialauswahl hat die Arbeitgeberin den bestehenden Beurteilungsspielraum gerade nicht überschritten. Dass sie anders als in § 17 Absatz 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorgesehen das Schreiben zur Einleitung des Konsultationsverfahrens der Bundesagentur nicht gleichzeitig mit der Einleitung des Konsultationsverfahrens, sondern erst gemeinsam mit der Massenentlassungsanzeige zugeleitet hatte, führte nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Es handelte sich vielmehr um eine verfahrensordnende Vorschrift, deren Verletzung nach dem Zweck der Vorschrift auch unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben nicht zur Nichtigkeit der Kündigung führt.
Da Kurzarbeit und der Bezug von Kurzarbeitergeld einen vorübergehenden Arbeitsmangel voraussetzt, sprach dies für die Annahme eines nur vorübergehenden Arbeitsmangels hinsichtlich des verbleibenden Personals. Eine behauptete weitere, nicht schriftlich abgefasste unternehmerische Entscheidung blieb vage, ein dauerhafter Wegfall von Arbeitsplätzen ließ sich auf dieser Grundlage nicht feststellen.
Außerdem konnte allein die Reduzierung der Zahl der dem BER zugeordneten Flugzeuge die Kündigung auch deshalb nicht rechtfertigen, weil es um einen Abbau von mehr Arbeitsplätzen ging, als dies rechnerisch der Reduzierung der Flugzeuge entsprach. Die damit vorliegende Entscheidung, künftig mit weniger Personal arbeiten zu wollen, war vom Kündigungsentschluss nicht zu entscheiden und musste nach BAG-Rechtsprechung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit näher erläutert werden. Dies war hier aber nicht hinreichend geschehen. Auch kurze Zeit später getroffene Regelungen zu zusätzlichen Einsätzen des verbleibenden Personals über die reguläre Arbeitszeit hinaus sprachen gegen einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs.