Klage gegen Betriebsprüfungsbescheid: Vermögenslosigkeit der GmbH
Nach Ermittlungen durch das Hauptzollamt, der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Trier gegen die früheren Geschäftsführer B und S und erfolgter Unterrichtung der Rentenversicherung führte diese bei der Gesellschaft eine Betriebsprüfung durch. Nach Anhörung stellte sie der Gesellschaft gegenüber mit dem B bekanntgegebenen Bescheid vom 15.07.2014 eine Nachforderung zur Sozialversicherung i.H.v. insgesamt rund 35.000 EUR für die Zeit von November 2012 bis März 2013 einschließlich Säumniszuschlägen i.H.v. rund 5.000 EUR fest. In diesem Zeitraum seien Leistungen für verschiedene Auftraggeber i.H.v. insgesamt rund 105.000 EUR ausgeführt und abgerechnet worden. Gemeldet worden seien Entgelte i.H.v. insgesamt rund 15.000 EUR. Unter Berücksichtigung des erbrachten Nettoumsatzes von rund 90.000 EUR sei jedoch von Netto-Lohnkosten i.H.v. rund 60.000 EUR auszugehen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könne in lohnintensiven Branchen als Anhaltspunkt ein Lohnkostenanteil von 2/3 des Nettoumsatzes angenommen werden. Da von der Gesellschaft keine vollständigen Aufzeichnungen vorgelegt worden seien, die Aufschluss über alle Lohnzahlungen geben würden, konnte die Ermittlung der Entgelte nur geschätzt werden. Zu ihren Gunsten wurden als Berechnungsgrundlage für die ihr, der Rentenversicherung, nicht namentlich bekannten Arbeitnehmer nicht die Nettosummen aus den Rechnungen als Lohnquote angesetzt, sondern lediglich 66,66 % der um die gemeldeten Entgelte verminderten Nettoumsätze (rund. 60.000 EUR). Die von der Gesellschaft beschäftigten Personen hätten in den für sie ausgeübten Beschäftigungen der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen gelte ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
Die Gesellschaft wurde wegen Vermögenslosigkeit am 03.08.2015 von Amts wegen aus dem Handelsregister des Amtsgerichts gelöscht und das Registerblatt geschlossen. Mit der am 04.11.2015 erhobenen Klage machte die Gesellschaft geltend, eine zivilrechtlich voll beendete Gesellschaft sei so lange als fortbestehend anzusehen, wie sie noch steuerliche Pflichten zu erfüllen habe oder sie Steuer- bzw. Beitragsbescheide angreife. Der Beitragsbescheid der Rentenversicherung vom 15.07.2014 sei offensichtlich rechtswidrig. Eine Lohnquote von 16,74 % unter Berücksichtigung der gemeldeten Entgelte sei plausibel. Die Schätzung der Sozialabgabe sei offensichtlich falsch. Mit Ablauf des 31.12.2017 sei der Beitragsbescheid verfassungswidrig geworden, da seit dem 01.01.2018 alle denkbaren Haftungsansprüche verjährt seien.
Das Sozialgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Gesellschaft am Landesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.
Mit der Eintragung der Auflösung, die hier am 03.08.2015 erfolgt war, verloren die bisherigen gesetzlichen Vertreter ihre Vertretungsbefugnis und die Gesellschafterversammlung die Befugnis, neue Organe zu bestellen. Durch die Vorschrift soll das Handelsregister zum Schutz des Rechtsverkehrs von vermögenslosen Gesellschaften bereinigt werden, weil durch die weiter bestehende Eintragung der unzutreffende Eindruck erweckt wird, die Gesellschaft verfüge noch über Haftkapital und könne am Rechtsverkehr teilnehmen. Die Löschung ist vorzunehmen, wenn die Gesellschaft vermögenslos ist, wenn sie mithin über keine Vermögenswerte mehr verfügt, die für eine Gläubigerbefriedigung oder für eine Verteilung unter den Gesellschaftern in Betracht kommen.
Gem. § 70 Nr. 1 SGG sind neben natürlichen auch juristische Personen fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein (Parteifähigkeit), zu denen auch eine GmbH gehört. Mit der Löschung von Amts wegen aufgrund von Vermögenslosigkeit (mangels Durchführung eines Insolvenzverfahrens) nach § 394 Abs. 1 Satz 1 FamFG gem. § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG hat die Gesellschaft indes ihre vormals durch § 13 Abs. 1 GmbH begründete Rechtsfähigkeit verloren und damit auch ihre Fähigkeit, Partei bzw. Beteiligte eines Rechtsstreits zu sein.
Soweit für die Gesellschaft geltend gemacht wurde, der angefochtene Beitragsbescheid sei während des sozialgerichtlichen Verfahrens unwirksam geworden, nachdem hinsichtlich sämtlicher Haftungs- und Schadensersatzansprüche die Einrede der Verjährung erhoben worden sei, kann dies dahinstehen. Denn für die erhobene Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 SGG fehlte bereits im Zeitpunkt ihrer Erhebung das erforderliche Rechtsschutzinteresse, nachdem sich der der Gesellschaft gegenüber ergangene Beitragsbescheid mit dem Entfallen ihrer Rechtsfähigkeit auf sonstige Weise erledigt hat (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X), weil sie als Beteiligte des Sozialverwaltungsverfahrens i.S.v. §§ 10 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB X nicht mehr existent war.