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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kein Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz

Kein Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz

In der Insolvenz des Arbeitgebers besteht kein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers. Ist ein solcher Anspruch vor Insolvenzeröffnung bereits gegenüber dem Schuldner entstanden, erlischt er mit Insolvenzeröffnung. Die Insolvenzordnung bindet durch § 108 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) den Insolvenzverwalter nur an bereits vom Schuldner begründete Arbeitsverhältnisse, kennt jedoch keinen Kontrahierungszwang des Insolvenzverwalters. Einen solchen Zwang kann nur der Gesetzgeber anordnen.

Ein Mitarbeiter war bei einem Betten- und Matratzenhersteller mit rund 300 Arbeitnehmern beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis wirksam zum 31.07.2019 wegen Betriebsstilllegung. Der Mitarbeiter vertrat die Auffassung, noch während der Kündigungsfrist sei ein Betriebsübergang auf eine neue Betriebsinhaberin beschlossen und am 01.08.2019 vollzogen worden. Er nahm deshalb die neue Betriebsinhaberin, die etwa 20 Arbeitnehmer beschäftigte, auf Wiedereinstellung in Anspruch. Gegen eine von der neuen Betriebsinhaberin erklärte vorsorgliche Kündigung erhob der Mitarbeiter fristgerecht Kündigungsschutzklage. Während des Berufungsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der neuen Betriebsinhaberin eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren wurde dadurch unterbrochen. Der Mitarbeiter erklärte mit Schriftsatz vom 29.06.2020 die Aufnahme des Verfahrens. Der Insolvenzverwalter widersprach der Aufnahme. Das Landesarbeitsgericht stellte mit Zwischenurteil fest,, dass das Verfahren weiterhin unterbrochen ist. Dagegen legte der Mitarbeiter Revision ein und hatte damit vor dem Bundesarbeitsgericht aus prozessualen Gründen Erfolg.

Der richterrechtlich entwickelte Wiedereinstellungsanspruch kommt zum Tragen, wenn sich die bei Zugang der Kündigung noch zutreffende Prognose des Arbeitgebers, der Beschäftigungsbedarf werde bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen, als fehlerhaft erweist, etwa weil es zu einem Betriebsübergang kommt. Zwar besteht ein solcher Anspruch in der Insolvenz nicht, so dass der Rechtsstreit an sich nicht nach § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen wird. Wird jedoch mit dem Wiedereinstellungsanspruch – wie im vorliegenden Fall – zugleich die Wirksamkeit einer Kündigung angegriffen, führt das zur Unterbrechung auch bezüglich des Streits über die Wiedereinstellung. Umgekehrt hat die Aufnahme des Kündigungsrechtsstreits, für die es nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO genügt, dass bei Obsiegen des Arbeitnehmers Masseverbindlichkeiten entstehen können, auch die Aufnahme des Streits über die Wiedereinstellung zur Folge.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.05.2022
Aktenzeichen: 6 AZR 224/21