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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Schadensersatz nach AGG: Ausschlussfristen in AGG und ArbGG mit Unionsrecht vereinbar

Schadensersatz nach AGG: Ausschlussfristen in AGG und ArbGG mit Unionsrecht vereinbar

Die Ausschlussfristen der §§ 15 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), 61b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) für das Geltendmachen von Ansprüchen auf Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem AGG sind mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar.

Ein 54jähriger griechischer Mitarbeiter war bei der Arbeitgeberin, deren Zielsetzung die Integration und Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund ist, befristet bis 30.04.2020 als Seminarleiter tätig. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des Befristungszeitraums und wurde nicht verlängert. Seien Klage auf Weiterbeschäftigung wurde abgewiesen.

Nunmehr machte der Mitarbeiter wegen Verstoßes gegen das AGG Schadensersatzansprüche geltend. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht wies die gegen die Klageabweisung gerichtete Berufung zurück und ließ die Revision nicht zu. Es besteht die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG.

Der Mitarbeiter hatte die Klagefrist gemäß § 61 b Abs. 1 ArbGG nicht eingehalten. Nach § 61 b Abs. 1 ArbGG muss eine Klage auf Entschädigung innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben werden, andernfalls ist der Anspruch verfallen. Der Mitarbeiter hatte seinen Entschädigungsanspruch mit Schreiben vom 04.06.2020 geltend gemacht. Die Entschädigungsklage ging am 01.12.2020 und damit außerhalb der Dreimonatsfrist beim Arbeitsgericht ein, die nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 06.09.2020 abgelaufen war.

Die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG ist nicht deshalb unbeachtlich, weil sie europarechtswidrig wäre. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 8.7.2010 (C-246/09 – Bulicke) die – kürzere – Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG unter dem Gesichtspunkt des Effektivitätsgrundsatzes nicht für bedenklich gehalten. Vielmehr sei nicht ersichtlich, dass die Festlegung dieser Frist auf zwei Monate die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich machen oder übermäßig erschweren könne, wenn diese Frist nicht weniger günstig sei als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich Arbeitsrecht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat wiederholt die Vereinbarkeit der Ausschlussfristen der §§ 15 Abs. 4 AGG, 61b Abs. 1 ArbGG mit den Vorgaben des Unionsrechts bejaht (u.a. BAG, Urt. v. 18.05.2017, Az. 8 AZR 74/16, Rn. 30 ff.). Die Fristen wahrten sowohl den unionsrechtlichen Grundsatz der Äquivalenz als auch den der Effektivität und verstießen auch nicht gegen das in Art. 8 Abs. 2 der RL 2000/78/EG bestimmte Verbot der Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus.

Dem schloss sich das Landesarbeitsgericht München an. Zwar legt die Richtlinie selbst keine Fristen für die Geltendmachung von in ihr geregelten Ansprüchen fest; doch normiert ihr Art. 9 Abs. 3 (ebenso wie Art. 7 Abs. 3 der vom Kläger auch benannten RL 2000/43/EG) die Möglichkeit einzelstaatlicher Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 07.03.2022

Aktenzeichen: 4 Sa 512/21