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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Betriebsratsschulung mit werthaltigen Seminarbeigaben: Kostentragung des Arbeitgebers

Betriebsratsschulung mit werthaltigen Seminarbeigaben: Kostentragung des Arbeitgebers

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Arbeitgeber auch dann die Kosten eines Weiterbildungsseminars für Betriebsratsmitglieder bezahlen muss, wenn die Betriebsratsmitglieder auf dem Seminar werthaltige Beigaben (u.a. ein „Tablet für die Betriebsratsarbeit“) vom Veranstalter erhalten, solange nicht ersichtlich ist, dass vergleichbare Seminare deutlich günstiger zu buchen sind.

In dem Streitfall ging es darum, ob eine Arbeitgeberin dem bei ihr gebildeten Betriebsrat von Schulungskosten für die Teilnahme eines ihrer Mitglieder an einem Grundlagenseminar „Betriebsverfassungsrecht Teil I“ freistellen muss. Für die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an der Schulung fiel eine Seminargebühr i.H.v. etwa 700 EUR an. Der Seminaranbieter hatte den Teilnehmern Seminarbeigaben in Form eines sog. „Starter-Sets“, bestehend u.a. aus einem „Tablet für die Betriebsratsarbeit“, einem Handkommentar zum Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mit Wahlordnung und einer DTV-Ausgabe der Arbeitsgesetze, kostenlos überlassen. Auch konnte jeder Teilnehmer eine „kostenfreie anwaltliche Erstberatung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt“ in Anspruch nehmen.

Die Arbeitgeberin weigert sich, die Kosten des Seminars zu übernehmen, da der Betriebsrat die Teilnahme an dem Seminar nicht für erforderlich hätte halten dürfen. Es seien angesichts der Seminarbeigaben unverhältnismäßig hohe und nicht erforderliche Kosten angefallen. Die Beigaben des „Starter-Sets“ hätten einen Wert von ca. 400 EUR und die anwaltliche Erstberatung sei mit ca. 200 EUR zu veranschlagen. Damit entfielen etwa 80% der Seminarkosten auf nicht erforderliche Zusatzleistungen. Da das Seminar ohne diese Zusatzleistungen nicht buchbar gewesen sei, habe der Betriebsrat von der Teilnahme seines Mitglieds absehen müssen. Sie – die Arbeitgeberin – müsse keine Werbemaßnahmen eines Seminaranbieters finanzieren; ihre Erstattungspflicht beschränke sich auf die konkrete Schulungsveranstaltung und die hierdurch verursachten Kosten. Letztere hätten zudem genauer aufgeschlüsselt werden müssen, damit zwischen notwendigen Fortbildungskosten und sonstigen Kosten unterschieden werden könne.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Betriebsrat Recht und entschied, dass die Arbeitgeberin nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG verpflichtet ist, den Betriebsrat von der Verpflichtung zur Zahlung der Seminargebühr iHv. 700 EUR zzgl. Mehrwertsteuer freizustellen. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist.

Der Einwand der Arbeitgeberin, der Wert der den Seminarteilnehmern überlassenen kostenlosen „Werbebeigaben“ sei zu dem der inhaltlichen Kenntnisvermittlung ins Verhältnis zu setzen – wobei im Streitfall letztere in den Hintergrund trete – verfing aus Sicht des BAG nicht. Die Arbeitgeberin vermengte in unzulässiger Weise Fragen einer etwaigen durch die Seminarbeigaben entstehenden Kostenbelastung mit denen der auf die Kenntnisvermittlung bezogenen Erforderlichkeit.

Den Schutz des Arbeitgebers vor einer unangemessenen Kostenbelastung bewirkt der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit, den der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung über die Entsendung eines (oder mehrerer) seiner Mitglieder zu beachten hat, und der von ihm die Prüfung verlangt, ob die verlangten Schulungskosten angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse dem Arbeitgeber zumutbar sind. Der Betriebsrat hatte dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung getragen; die Arbeitgeberin hatte nicht geltend gemacht, ein vergleichbares Seminar für die Erstschulung des Betriebsratsmitglieds sei kostengünstiger in Betracht gekommen. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin musste der Betriebsrat auch nicht deshalb von der Entsendung des Betriebsratsmitglieds zum Seminar absehen, weil der Schulungsveranstalter den Teilnehmern das „Starter-Set“ überließ und die Möglichkeit einer anwaltlichen Erstberatung einräumte. Dabei konnte dahinstehen, ob diese Seminarbeigaben – sollten mit ihnen gesonderte Kosten ausgelöst sein – der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin nach § 37 Abs. 6 i.V.m. § 40 Abs. 1 BetrVG unterfielen. Denn selbst wenn einzelne oder sämtliche Seminarbeigaben für die Durchführung der Schulungsveranstaltung nicht erforderlich gewesen sein sollten, hatte sich der Beschluss des Betriebsrats, das Betriebsratsmitglied zu der Schulung zu entsenden, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums gehalten. Da die Seminargebühr marktüblich war und vergleichbare Seminare nicht deutlich günstiger angeboten werden, hätte der Betriebsrat die Kosteninteressen der Arbeitgeberin ungeachtet gesonderter Kosten für die Seminarbeigaben gewahrt. Eine Überschreitung seines Beurteilungsspielraums käme allenfalls in Betracht, wenn es im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats über die Schulungsteilnahme Anzeichen dafür gegeben hätte, dass die Seminarbeigaben maßgeblich die Höhe des Seminarpreises beeinflusst hätten und die Wahl gerade dieser Schulung zu hohen Kosten geführt hätte. Das war jedoch nicht der Fall. Die die Schulungsveranstaltung konnte nämlich nicht unter Verzicht auf die Seminarbeigaben zu einem günstigeren Preis gebucht werden.

Dem Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung der Seminargebühr i.H.v. 700 EUR zzgl. Mehrwertsteuer stand entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin auch nicht entgegen, dass diese nicht nach einzelnen Kostenposten aufgeschlüsselt waren. Der Betriebsrat hatte die erstattungsfähige Seminargebühr ausreichend nachgewiesen. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin war der Betriebsrat nicht aus koalitionsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Seminargebühr im Hinblick auf die schulungsbedingt entstandenen Selbstkosten des Seminarveranstalters aufzuschlüsseln. Der Schulungsveranstalter durfte die Seminarkosten vielmehr pauschaliert abrechnen.

Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 17.11.2021

Aktenzeichen: 7 ABR 27/20