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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung von Kurierfahrern wegen Teilnahme an „wildem“ Streik

Kündigung von Kurierfahrern wegen Teilnahme an „wildem“ Streik

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Kündigungen von drei Fahrradkurierfahrern, die an einem wilden – also nicht von einer Gewerkschaft organisierten – Streik teilgenommen hatten, für wirksam erklärt.

Die Arbeitgeberin hatte den Kurierfahrern vorgeworfen, sich an einem viertägigen Streik beteiligt zu haben. Der Streik wurde von Mitarbeitenden des Fahrradkurierdienstes organisiert, u.a. um pünktliche Bezahlung sowie die Ausstattung mit Regenkleidung zu erreichen. Die Arbeitgeberin hatte die Teilnehmenden des Streiks mehrfach aufgefordert, ihre Arbeit wiederaufzunehmen. Als diese sich weigerten, kündigte sie die Arbeitsverhältnisse außerordentlich fristlos. Die Kurierfahrer klagten beim Arbeitsgericht Berlin gegen ihre Kündigungen. Sie waren der Auffassung, dass auch die Teilnahme an einem verbandsfreien Streik eine zulässige Rechtsausübung darstelle, und beriefen sich u.a. auf die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG, die ihren Meinung nach auch Arbeitskampfmaßnahmen schütze, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel hätten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein müssten.

Das Arbeitsgericht hat in zwei Fällen die außerordentlichen fristlosen Kündigungen für wirksam erklärt. Im dritten Fall hat es festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern nach Ablauf einer Zwei-Wochen-Frist geendet hat.

Das Gericht entschied, dass die Teilnahme an einem Streik nur dann rechtmäßig sei, wenn dieser von einer Gewerkschaft getragen wird. Bei einem „wilden Streik“ liege eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor, die den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtige. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines der Fahrer war unwirksam, da bei diesem die Arbeitsverweigerung nicht hinreichend festgestellt werden konnte. Der betreffende Mitarbeiter war in der Zeit des Streiks zu Abendschichten eingeteilt gewesen, die er aufgrund der Schließung eines Warehouses nicht hatte wahrnehmen können. Da der betreffende Mitarbeiter aber seit weniger als sechs Monaten bei dem Lieferdienst beschäftigt gewesen war und das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) daher noch keine Anwendung fand, wurde das Arbeitsverhältnis jedoch mit einer Zwei-Wochen-Frist im Rahmen der Probezeit beendet. Es lag auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB vor, da die Kündigung nicht darauf beruhte, dass der Fahrer in zulässiger Weise seine Rechte wahrgenommen hatte.

Die Arbeitgeberin kann gegen die Urteile Berufung zum Landesarbeitsgericht einlegen.

Urteile des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.04.2022

Aktenzeichen: 20 Ca 10257/21, 20 Ca 10258/21 und 20 Ca 10259/21