Quarantäne während des Urlaubs
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat sich der Auffassung der Landesarbeitsgerichte Düsseldorf und Köln angeschlossen und entschieden, dass Quarantäne-Tage auf den Jahresurlaub angerechnet werden.
Die beklagte Arbeitgeberin hatte einem Arbeitnehmer wie von ihm beantragt Urlaub für den 23.12. bis 31.12.2020 genehmigt. Danach ordnete das Gesundheitsamt für den Arbeitnehmer für den Zeitraum 21.12.2020 bis 04.01.2021 Quarantäne an. Die Arbeitgeberin zahlte für die beantragte Zeit Urlaubsentgelt und rechnete die Tage auf den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers an. Der Arbeitnehmer ist der Auffassung, dass sein Urlaubsanspruch insoweit nicht erfüllt worden sei und nach wie vor bestehe. Die Arbeitgeberin habe ihm für Dezember 2020 nicht wirksam Urlaub gewährt. Die Bestimmung des § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), wonach bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs die Urlaubstage nicht als genommen gelten, sei zumindest analog anzuwenden. Es liege eine planwidrige und analogiefähige Regelungslücke vor. Die häusliche Quarantäne stelle einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte des Arbeitnehmers dar und sei mit den Einschränkungen bei „normaler Arbeitsunfähigkeit“ durchaus vergleichbar.
Dies sah das LAG Schleswig-Holstein anders und folgte damit der Auffassung der Landesarbeitsgerichte Düsseldorf (Urt. v. 15.10.2021, Az. 7 Sa 857/21) und Köln (Urt. v. 13.12.2021, Az. 2 Sa 488/21). Anderer Ansicht ist das Landesarbeitsgericht Hamm, das meint, dass die Urlaubstage bei gleichzeitiger Quarantäne-Anordnung als nicht genommen gelten (Urt. v. 27.01.2022, Az. 5 Sa 1030/21). Nach Auffassung des LAG Schleswig-Holstein ist § 9 BUrlG nicht analog auf den Fall der Anordnung einer Quarantäne anzuwenden. Eine Absonderungsanordnung muss nicht unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs gleichgesetzt werden. Wie der Arbeitnehmer sich im Urlaub erholt, bleibt ihm überlassen. Unter Umständen wird er durch eine Absonderung überhaupt nicht in seinem Urlaub beeinträchtigt.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der betreffenden Rechtsfrage hat das LAG Schleswig-Holstein die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Die Entscheidung ist also noch nicht rechtskräftig.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 15.02.2022
Akteneichen: 1 Sa 208/21