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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Weniger Urlaubstage bei Kurzarbeit

Weniger Urlaubstage bei Kurzarbeit

In Fällen, in denen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig ausfallen, ist dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen.

Geklagt hatte eine Mitarbeiterin, die bei einem Arbeitgeber drei Tage wöchentlich als sog. Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten beschäftigt ist. Bei einer Sechstagewoche hätte ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden. Dies entsprach bei einer vereinbarten Dreitagewoche einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen. Aufgrund des Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte der Arbeitgeber Kurzarbeit ein. Dazu trafen die Parteien Kurzarbeitsvereinbarungen, auf deren Grundlage die Mitarbeiterin u.a. in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit war und in den Monaten November und Dezember 2020 insgesamt nur an fünf Tagen gearbeitet hat. Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm der Arbeitgeber eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Er bezifferte den Jahresurlaub der Mitarbeiterin für das Jahr 2020 auf insgesamt 11,5 Arbeitstage. Hiergegen wandte sich die Mitarbeiterin gerichtlich. Sie war der Ansicht, kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden. Der Arbeitgeber sei daher nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Für das Jahr 2020 stünden ihr somit weitere 2,5 Urlaubstage zu.

Das Gericht gab dem Arbeitgeber Recht. Die Mitarbeiterin hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020. Nach § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien – wie im vorliegenden Fall – für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben. Bei der vertraglichen Dreitagewoche der Mitarbeiterin konnte zunächst ein Jahresurlaub von 14 Arbeitstagen (28 Werktage x 156 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage) errechnet werden. Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertigte eine wiederum eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Denn aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin aus dem Kalenderjahr 2020 übersteigt deshalb nicht die von dem Arbeitgeber berechneten 11,5 Arbeitstage. Allein bei Zugrundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen ist, hätte die Mitarbeiterin lediglich einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30.11.2021

Aktenzeichen: 9 AZR 225/21

In einer weiteren Sache (Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 234/21) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist.