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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Fahrradkuriere können ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein Smartphone verlangen

Fahrradkuriere können ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein Smartphone verlangen

Fahr­rad­ku­rie­re kön­nen von ihrem Ar­beit­ge­ber ein ver­kehrs­tüch­ti­ges Fahr­rad und ein Smart­pho­ne ver­lan­gen. Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt heute ent­schie­den hat, sind dies er­for­der­li­che Ar­beits­mit­tel, auf die nicht durch All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) im Ar­beits­ver­trag ver­zich­tet wer­den kann. Zu­min­dest muss das Un­ter­neh­men den Fahrern dann einen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zah­len.

Die beiden betreffenden Mitarbeiter hatten die Nahrungsmittel, die Kunden über das Internet bei verschiedenen Restaurants bestellten, mit dem eigenen Fahrrad ausgefahren. Dafür nutzte zumindest einer der beiden sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Mobiltelefon. Dazu hatte er sich im Arbeitsvertrag verpflichtet, wobei es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelte, die der Arbeitgeber vorgegeben hatte. Der Arbeitgeber gewährte seinen Auslieferern eine Reparaturgutschrift von 0,25 Euro pro gearbeiteter Stunde, die ausschließlich bei einem von ihr bestimmten Unternehmen eingelöst werden kann. Zu mehr sah sich der Arbeitgeber nicht verpflichtet: die Kuriere verfügten ohnehin über ein Fahrrad und ein Smartphone, daher würden sie durch die Verwendung ihrer eigenen Geräte nicht nennenswert belastet. Etwaige Nachteile würden durch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, Aufwendungsersatz geltend zu machen, und durch das Reparaturbudget ausgeglichen.

Das Bundesarbeitsgericht gab den Fahrern Recht. Die AGB-Klauseln benachteiligen die Mitarbeiter unangemessen und sind daher unwirksam. Der Arbeitgeber wird durch die Regelung von Anschaffungs- und Betriebskosten entlastet und trägt somit nicht das Risiko, „für Verschleiß, Wertverfall, Verlust oder Beschädigung der essentiellen Arbeitsmittel einstehen zu müssen“. Dass dieses vielmehr bei den Lieferfahrern liegt, widerspricht dem gesetzlichen Grundgedanken des Arbeitsverhältnisses, wonach der Arbeitgeber die für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit wesentlichen Arbeitsmittel zu stellen und für deren Funktionsfähigkeit zu sorgen hat. Die von Gesetzes wegen bestehende Möglichkeit, gemäß § 670 BGB Aufwendungsersatz zu verlangen, stellt keine angemessene Kompensation dar. Das Gericht bemängelte außerdem, dass die Höhe des zur Verfügung gestellten Reparaturbudgets sich nicht an der Fahrleistung, sondern an der damit nur mittelbar zusammenhängenden Arbeitszeit orientiert und die Beschäftigten es nur bei einer vom Arbeitgeber bestimmten Werkstatt einlösen können. Für die Nutzung des Mobiltelefons war überhaupt kein finanzieller Ausgleich vorgesehen.

Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 10.11.2021

Aktenzeichen: 5 AZR 334/21; 5 AZR 335/21