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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung wegen Äußerungen im WhatsApp-Chat

Kündigung wegen Äußerungen im WhatsApp-Chat

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Kündigung des technischen Leiters eines gemeinnützigen Vereins wegen sehr herabwürdigender und verächtlicher Äußerungen über Geflüchtete und in der Flüchtlingshilfe tätige Menschen in einem Chat, für unwirksam erklärt. Das Gericht hat dennoch das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.

Der Verein ist überwiegend in der Flüchtlingshilfe tätig. Mitglieder des Vereins sind der Landkreis, verschiedene Städte und Gemeinden sowie einige Vereine. Die Arbeit des Vereins wird in erheblichem Umfang ehrenamtlich unterstützt. Im Zuge der Kündigung eines anderen Beschäftigten erhielt der Verein Kenntnis von einem über WhatsApp geführten Chat zwischen dem technischen Leiter, diesem Beschäftigten und einer weiteren Beschäftigten. Im Rahmen des Chats äußerte sich der technische Leiter ebenso wie die beiden anderen Beschäftigten in menschenverachtender Weise über Geflüchtete und herabwürdigend über Helferinnen und Helfer. Hierüber wurde auch in der Presse berichtet. Daraufhin kündigte der Verein u.a. das Arbeitsverhältnis mit dem technischen Leiter fristgemäß.

Das Landesarbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam und bestätigte damit die Entscheidung des erstinstanzlichen Arbeitsgerichts. Zwar war die gerichtliche Verwertung der gefallenen Äußerungen im Gerichtsverfahren zulässig. Eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung konnte jedoch nicht festgestellt werden, weil eine vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fällt. Um eine solche ging es hier, da diese in sehr kleinem Kreis mit privaten Handys erfolgt und erkennbar nicht auf Weitergabe an Dritte, sondern auf Vertraulichkeit ausgelegt gewesen ist. Auch eine fehlende Eignung für die Tätigkeit kann allein auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Besondere Loyalitätspflichten bestehen nicht, weil der gekündigte Miarbeiter als technischer Leiter keine unmittelbaren Betreuungsaufgaben wahrzunehmen hat. Auf das Fehlen des erforderlichen Mindestmaßes an Verfassungstreue, das von Bedeutung ist, wenn man den Verein als Teil des öffentlichen Dienstes betrachtet, kann allein aufgrund dieser vertraulichen Äußerungen nicht geschlossen werden.

Das Gericht löste dennoch das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung auf. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise möglichen gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses lagen hier vor. Es war gemäß § 9 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten. Da die schwerwiegenden Äußerungen öffentlich bekannt geworden sind, kann der Verein bei Weiterbeschäftigung dieses technischen Leiters nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen auftreten. Außerdem wäre er bei der Gewinnung ehrenamtlicher Unterstützung und hauptamtlichen Personals beeinträchtigt. Bei der Bemessung der Abfindung berücksichtigte das Gericht ein Auflösungsverschulden des Gekündigten, das sich allerdings wegen der intendierten Vertraulichkeit der Äußerungen mindert

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.07.2021

Aktenzeichen: 21 Sa 1291/20