Arbeitgeber dürfen Rückkehr aus dem Home Office anordnen
Ein Arbeitgeber, der seinen Arbeitnehmern erlaubt, ihre Tätigkeit im Home Office auszuüben, kann seine Weisung ändern und die Rückkehr ins Büro anordnen, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen das Home Office sprechen.
Im zugrunde liegenden Fall ging es um einen angestellten Grafiker, der – wie die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch – seit Dezember 2020 nicht im Büro, sondern aufgrund Erlaubnis des Geschäftsführers von ihrer jeweiligen Wohnung aus arbeiteten. Ausgenommen war das Sekretariat, das in eingeschränktem Umfang vor Ort im Büro in München anwesend blieb. Mit Weisung vom Februar 2021 ordnete der Arbeitgeber gegenüber dem Grafiker an, seine Tätigkeit wieder unter Anwesenheit im Büro in München zu erbringen. Der Arbeitnehmer sah dies nicht ein. Er wollte erreichen, dass ihm das Arbeiten aus dem Homeoffice gestattet wird und diese Homeoffice-Tätigkeit nur in Ausnahmefällen unterbrochen werden darf. Hierzu beantragte er den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Arbeitgeber beim Arbeitsgericht. Vor Gericht berief er sich auf die Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit dem Corona-Virus anzustecken und auf das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause.
Das Arbeitsgericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Ein Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice ergab sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der Arbeitsschutzverordnung (§ 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchV a. F.). Aus § 106 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) lässt sich keine Pflicht des Arbeitgebers herleiten, sein Direktionsrechts im Rahmen billigen Ermessens in der von dem Mitarbeiter gewünschten Weise auszuüben. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist Sache des Arbeitgebers. Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause würden einer Verpflichtung zum Erscheinen im Büro nicht entgegenstehen.
Das Landesarbeitsgericht München bestätigte diese Entscheidung. Der Arbeitgeber durfte unter Wahrung billigen Ermessens den Arbeitsort durch Weisung neu bestimmen. Der Arbeitsort war weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung der Parteien auf die Wohnung des Mitarbeiters festgelegt worden. Das Recht, die Arbeitsleistung von zuhause zu erbringen, hatte im Februar 2021 auch nicht gemäß § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchVO a. F. bestanden. Nach dem Willen des Verordnungsgebers vermittelt diese Vorschrift kein subjektives Recht auf Homeoffice. Die Weisung hatte auch billiges Ermessen gewahrt, da zwingende betriebliche Gründe der Ausübung der Tätigkeit in der Wohnung entgegenstanden. Die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz entsprach nicht derjenigen am Bürostandort und der Arbeitnehmer hatte nicht dargelegt, dass die Daten gegen den Zugriff Dritter und der in Konkurrenz tätigen Ehefrau geschützt waren.
Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 26.08.2021
Aktenzeichen: 3 SaGA 13/21