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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung wegen gezielten Anhustens

Kündigung wegen gezielten Anhustens

Wer Corona-Maßnahmen im Betrieb nicht ernst nimmt und sogar bewusst dagegen verstößt, riskiert seinen Rauswurf. Im kon­kre­ten Fall konnte der Ar­beit­ge­ber ein ent­spre­chen­des Ver­hal­ten des ge­kün­dig­ten Arbeitnehmers allerdings nicht nach­wei­sen.

In dem zugrunde liegenden Fall ging es um einen Mitarbeiter, der seit 2015 zu­nächst als Aus­zu­bil­den­der und anschließend als Jung­zer­span­nungs­me­cha­ni­ker bei einem Arbeitgeber be­schäf­tigt und Mit­glied der Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung war. Am 11.03.2020 ak­ti­vier­te der Ar­beit­ge­ber im Hin­blick auf das Auf­tre­ten des Co­ro­na­vi­rus sei­nen in­ter­nen Pan­de­mie­plan. Zu den Maß­nah­men zähl­ten unter an­de­rem die Auf­for­de­rung, Ab­stand zu­ein­an­der zu hal­ten, Hy­gie­ne­maß­nah­men sowie das Be­de­cken von Mund und Nase beim Hus­ten oder Nie­sen mit einem Pa­pier­ta­schen­tuch oder Ärmel als Ver­hal­tens­re­gel. Die Be­leg­schaft wurde in ver­schie­de­nen E-Mails und einer Ab­tei­lungs­ver­samm­lung in­for­miert; die Ver­hal­tens- und Hy­gie­ne­re­geln wur­den zudem auf Zet­teln im Be­trieb ver­teilt. Dem betreffenden Mitarbeiter wurde vorgeworfen, dass er sich mehr­fach nicht an die wegen der Co­ro­na-Pan­de­mie er­grif­fe­nen Hy­gie­ne­maß­nah­men sowie an die Si­cher­heits­ab­stän­de ge­hal­ten habe. Er habe dem Ar­beit­ge­ber in Ge­sprä­chen si­gna­li­siert, dass er die Maß­nah­men nicht ernst nehme und diese nicht ein­hal­ten werde. So habe er einen anderen Mit­ar­bei­ter gegen sei­nen Wil­len am Arm an­ge­fasst und am 17.03.2020 schlie­ß­lich einen Kol­le­gen vor­sätz­lich und ohne jeg­li­che Bar­rie­re aus einem Ab­stand von einer hal­ben bis ma­xi­mal einer Arm­län­ge an­ge­hus­tet. Sinn­ge­mäß habe der Mitarbeiter ge­sagt, er hoffe, dass der Kol­le­ge Co­ro­na be­kom­me. Der Arbeitgeber holte daraufhin die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Kündigung des Mitarbeiters ein und kün­dig­te diesem anschließend am 03.04.2020 au­ßer­or­dent­lich frist­los. Der Mitarbeiter klagte gegen seine Kündigung. Er ver­tei­dig­te sich im Rah­men der Kün­di­gungs­schutz­kla­ge damit, er habe an­de­re Per­so­nen kei­nen In­fek­ti­ons­ge­fah­ren aus­ge­setzt und er habe, so­weit es ihm mög­lich ge­we­sen sei, die Si­cher­heits­ab­stän­de und Hus­ten-Eti­ket­te ein­ge­hal­ten. Am 17.03.2020 habe er einen Hus­ten­reiz ver­spürt und des­halb spon­tan hus­ten müs­sen. Dabei habe er aus­rei­chen­den Ab­stand zum Kol­le­gen ge­habt. Als der an­de­re Kol­le­ge sich be­läs­tigt ge­fühlt und dies ge­äu­ßert habe, habe er ent­geg­net, der Kol­le­ge möge „chil­len, er würde schon kein Co­ro­na be­kom­men“.

Das Gericht gab nach der Ver­neh­mung meh­re­rer Zeu­gen dem Mitarbeiter Recht und erklärte die Kündigung für unwirksam, weil die durch­ge­führ­te Be­weis­auf­nah­me zu­las­ten des Ar­beit­ge­bers aus­ge­gan­gen war. Das Gericht wies darauf hin, dass der Vorwurf – absichtliches Anhusten eines Kollegen aus nächster Nähe – eine fristlose Kündigung begründen könne. Wer sich so verhalte, verletze in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber seinen Kollegen. Eine Ab­mah­nung reiche in einem solchen Fall nicht aus­. Der Ar­beit­ge­ber habe aber den von ihm be­haup­te­ten Sach­ver­halt nicht nach­wei­sen kön­nen. Des­we­gen sei die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge er­folg­reich ge­we­sen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.04.2021

Aktenzeichen: 3 Sa 646/20