Kündigung wegen gezielten Anhustens
Wer Corona-Maßnahmen im Betrieb nicht ernst nimmt und sogar bewusst dagegen verstößt, riskiert seinen Rauswurf. Im konkreten Fall konnte der Arbeitgeber ein entsprechendes Verhalten des gekündigten Arbeitnehmers allerdings nicht nachweisen.
In dem zugrunde liegenden Fall ging es um einen Mitarbeiter, der seit 2015 zunächst als Auszubildender und anschließend als Jungzerspannungsmechaniker bei einem Arbeitgeber beschäftigt und Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung war. Am 11.03.2020 aktivierte der Arbeitgeber im Hinblick auf das Auftreten des Coronavirus seinen internen Pandemieplan. Zu den Maßnahmen zählten unter anderem die Aufforderung, Abstand zueinander zu halten, Hygienemaßnahmen sowie das Bedecken von Mund und Nase beim Husten oder Niesen mit einem Papiertaschentuch oder Ärmel als Verhaltensregel. Die Belegschaft wurde in verschiedenen E-Mails und einer Abteilungsversammlung informiert; die Verhaltens- und Hygieneregeln wurden zudem auf Zetteln im Betrieb verteilt. Dem betreffenden Mitarbeiter wurde vorgeworfen, dass er sich mehrfach nicht an die wegen der Corona-Pandemie ergriffenen Hygienemaßnahmen sowie an die Sicherheitsabstände gehalten habe. Er habe dem Arbeitgeber in Gesprächen signalisiert, dass er die Maßnahmen nicht ernst nehme und diese nicht einhalten werde. So habe er einen anderen Mitarbeiter gegen seinen Willen am Arm angefasst und am 17.03.2020 schließlich einen Kollegen vorsätzlich und ohne jegliche Barriere aus einem Abstand von einer halben bis maximal einer Armlänge angehustet. Sinngemäß habe der Mitarbeiter gesagt, er hoffe, dass der Kollege Corona bekomme. Der Arbeitgeber holte daraufhin die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Mitarbeiters ein und kündigte diesem anschließend am 03.04.2020 außerordentlich fristlos. Der Mitarbeiter klagte gegen seine Kündigung. Er verteidigte sich im Rahmen der Kündigungsschutzklage damit, er habe andere Personen keinen Infektionsgefahren ausgesetzt und er habe, soweit es ihm möglich gewesen sei, die Sicherheitsabstände und Husten-Etikette eingehalten. Am 17.03.2020 habe er einen Hustenreiz verspürt und deshalb spontan husten müssen. Dabei habe er ausreichenden Abstand zum Kollegen gehabt. Als der andere Kollege sich belästigt gefühlt und dies geäußert habe, habe er entgegnet, der Kollege möge „chillen, er würde schon kein Corona bekommen“.
Das Gericht gab nach der Vernehmung mehrerer Zeugen dem Mitarbeiter Recht und erklärte die Kündigung für unwirksam, weil die durchgeführte Beweisaufnahme zulasten des Arbeitgebers ausgegangen war. Das Gericht wies darauf hin, dass der Vorwurf – absichtliches Anhusten eines Kollegen aus nächster Nähe – eine fristlose Kündigung begründen könne. Wer sich so verhalte, verletze in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber seinen Kollegen. Eine Abmahnung reiche in einem solchen Fall nicht aus. Der Arbeitgeber habe aber den von ihm behaupteten Sachverhalt nicht nachweisen können. Deswegen sei die Kündigungsschutzklage erfolgreich gewesen.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.04.2021
Aktenzeichen: 3 Sa 646/20