Kündigung wegen pflichtwidriger Kreditvergaben
Das LAG Düsseldorf hat der Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters eines Kreditinstituts stattgegeben, obwohl diesem erhebliche Pflichtverletzungen bei der Vergabe von Krediten unterlaufen waren.
Der Mitarbeiter war seit 1993 bei dem Kreditinstitut beschäftigt. Er war seit 2014 Teamleiter Wohnbaufinanzierungen und wurde im Juli 2019 Leiter der Abteilung Wohnbaufinanzierungen. Aufgrund tariflicher Regelungen ist das Arbeitsverhältnis ordentlich unkündbar. Der Mitarbeiter war u.a. Vorgesetzter eines bestimmten Immobilienberaters P. des Kreditinstitutes.
Im Rahmen von Immobilienfinanzierungen arbeitete das Kreditinstitut mit sog. Tippgebern zusammen. Der Immobilienberater P. hatte mit einem Tippgeber kollusiv zum Nachteil der Beklagten zusammengewirkt. Dies führte in erheblichem Umfang zu Wohnungsbaufinanzierungen mit Kreditnehmern unterdurchschnittlicher Bonität. U.a. waren Eigenkapitalbestandteile nicht vorhanden und dem Kreditinstitut gefälschte Kontoauszüge vorgelegt worden. Das Kreditinstitut kündigte dem Vorgesetzten des Immobilienberaters P. im September 2019 fristlos. Es warf ihm vor, seine Aufsichtspflichten als Vorgesetzter gegenüber P. verletzt zu haben. Der Mitarbeiter habe selbst Teile der o.g. Kredite pflichtwidrig bewilligt. Außerdem habe er gegenüber dem Vorstand Kreditbewilligungen zu Unrecht befürwortet. Der Mitarbeiter bestritt ein eigenes Fehlverhalten und meinte, er habe die Kredite in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich ordnungsgemäß geprüft.
Das Gericht gab dem Mitarbeiter Recht. Es lagen zwar erhebliche Pflichtverletzungen des Mitarbeiters vor. Er hatte bei der Bewilligung der Immobilienkredite in seinem eigenen Kompetenzbereich elementare Schlüssigkeitsprüfungen im Hinblick auf das Eigenkapital und die Bonität der Kunden unterlassen. Gleichwohl fiel die Interessenabwägung zu Gunsten des Mitarbeiters aus, weil dieser außerordentlich unkündbar war. Als milderes Mittel hätte eine ordentliche Kündigung ausgereicht, die aber tarifvertraglich ausgeschlossen war. Ausschlaggebend dafür, dass die Interessenabwägung zu Ungunsten des Arbeitgebers ausfiel, war zunächst die beanstandungsfreie über 25jährige Tätigkeit des Mitarbeiters. Hinzu kam, dass ähnliche Kreditbewilligungen selbst auf Vorstandsebene erfolgt waren, ohne dass die Fehlerhaftigkeit aufgefallen war. Der Arbeitgeber war zudem bewusst ein erhöhtes Risiko eingegangen. So war – auch wenn nicht vorgeschrieben – auf eine zweite Votierung verzichtet und vor der Kreditvergabe keine Begutachtung der Immobilien vorgenommen worden.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf v. 11.12.2020
Aktenzeichen: 6 Sa 420/20