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Dr. Christopher von HarbouRechtsblog Kündigung nur nach Abmahnung

Kündigung nur nach Abmahnung

Zwei aktuelle Fälle zeigen wieder einmal, wie hoch die Arbeitsgerichte die Schwelle setzen, wenn es um eine Kündigung wegen Fehlverhaltens ohne vorangegangene Abmahnung geht.

Im ersten Fall hatte ein seit drei Jahren bei einem öffentlichen Nahverkehrsunternehmen beschäftigter schwerbehinderter Straßenbahnfahrer wutentbrannt eine interne Dienstaufsichtsbeschwerde beim Vorstand eingereicht, in der er sich mit drastischen Worten über zwei Mitarbeiter der Personalabteilung beschwert hatte. Anlass des Ärgers waren 13,5 Überstunden aus dem Jahr 2017, die der Straßenbahnfahrer – zu Recht – ausbezahlt haben wollte. Die Kollegen aus der Personalabteilung hatten die Auszahlung im März 2019 schließlich zugesagt, die kurzfristige Auszahlung aber nicht veranlasst. Am 18.03.2019 rief der Straßenbahnfahrer aufgebracht bei der Personalabteilung an und verlangte die sofortige Auszahlung noch am selben Tag. Als die zuständige Mitarbeiterin der Personalabteilung mitteilte, erst noch Rücksprache mit ihrem Kollegen halten zu müssen, eskalierte die Situation. Der Straßenbahnfahrer wandte sich noch am gleichen Tag im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde an den Vorstand und warf den beiden zuständigen Kollegen aus der Personalabteilung vor, die ihm zustehende Vergütung zu veruntreuen und sich damit strafbar zu machen.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis nach Beteiligung von Inklusionsamt, Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung fristlos und hilfsweise ordentlich, weil der Mitarbeiter seine Kollegen aus der Personalabteilung wider besseres Wissen einer Straftat (Untreue) bezichtigt habe. Der Mitarbeiter klagte gegen die Kündigung und gewann in erster Instanz am Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber legte Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf ein (Az. 8 Sa 483/19). In der Verhandlung gab das Gericht dem Arbeitgeber zu verstehen, dass es die Kündigung ebenfalls für unwirksam halte. Aus der Dienstaufsichtsbeschwerde sei eindeutig erkennbar geworden, dass es dem Mitarbeiter nur um den Ausdruck seiner Unzufriedenheit mit der verzögerten Zahlung seiner Überstundenvergütung gegangen sei und er diese Unzufriedenheit – erkennbar rechtlich unzutreffend – wertend als Untreue bezeichnet habe. Mit anderen Worten: er hatte es offensichtlich nicht so gemeint. Der Mitarbeiter hatte sich definitiv in der Wortwahl vergriffen, aber dies rechtfertigt keine Kündigung, sondern nur eine Abmahnung. Um den Mitarbeiter nicht weiterbeschäftigen zu müssen, einigte sich der Arbeitgeber mit dem Mitarbeiter auf eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine stattliche Abfindung von 30.000 EUR. Die 13,5 Überstunden waren dem Mitarbeiter übrigens im April 2019 ausbezahlt worden.

Im zweiten Fall war einem bei Bosch angestellten Entwicklungsingenieur, der auch Betriebsratsmitglied war, fristlos gekündigt worden. Anlass war der Vorwurf an den Mitarbeiter, sich im Bereich der Damenumkleiden aufgehalten und trotz Aufforderung nicht entfernt zu haben. Hiermit konfrontiert, beschimpfte und bedrohte der Mitarbeiter erst die Personalleiterin („Ich mach Sie fertig. Sie sind sehr mutig, dass Sie sich mit mir anlegen.“) und dann einen Arbeitskollegen („Sie krieg ich auch noch.“). Es folgte die fristlose Kündigung wegen Bedrohung; der Betriebsrat hatte der Kündigung zugestimmt. In der ersten Instanz am Arbeitsgericht Stuttgart wurde die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters nach Zeugeneinvernahme noch abgewiesen. In der Berufungsinstanz musste sich der Arbeitgeber dann vom Landesarbeitsgericht eines Besseren belehren lassen. Die Äußerungen gegenüber der Personalleiterin und dem Arbeitskollegen reichten nach Ansicht des Gerichts ohne vorherige Abmahnung nicht für eine fristlose Kündigung aus.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21.01.2020

Aktenzeichen: 8 Sa 30/19