Verarbeitung von GPS-Daten bei Außendienstlern unzulässig
Einem Außendienstler war von seinem Arbeitgeber ein Dienstwagen zur dauerhaften Nutzung zugewiesen. Im August 2018 erhielten alle Außendienstmitarbeiter eine Mitteilung, wonach in jedes Außendienstfahrzeug eine Telematik-Box eingebaut werden sollte, mit deren Hilfe sich eine Echtzeit-Ortung aller im Dienst befindlichen Fahrzeuge durchführen ließ. Der Arbeitgeber begründete die Maßnahme mit der Nachverfolgung der gefahrenen Kilometer und der Nutzungszeiten, auch als Basis für die korrekte Abrechnung und Verifizierung der Reisekosten, der genauen Auswertung des Kraftstoffverbrauchs und der Kraftstoffkosten, der Analyse des Fahrverhaltens für jeden Fahrer, personalisierten Ratschlägen für jeden Fahrer im Bereich Eco-Driving, der Wiedererlangung des Fahrzeugs im Fall eines Diebstahls und der Kontrolle der Leistungserbringung der Arbeitnehmer. Außerdem sollte das Serviceangebot verbessert werden, indem der Arbeitgeber rasch und zuverlässig feststellen kann, welcher Mitarbeiter bei einer eiligen Kundenreklamation am schnellsten vor Ort sein kann. Der Mitarbeiter verweigerte die Einwilligung sowohl in die Montage der Telematik-Box als auch in deren Inbetriebnahme, da er dies für datenschutzrechtlich unzulässig hielt. Nachdem der Arbeitgeber gleichwohl den Einbau der Telematik-Boxen in die Fahrzeuge der Außendienstmitarbeiter veranlasst hatte, beantragte der Mitarbeiter beim Arbeitsgericht, den Arbeitgeber zu verurteilen, es zu unterlassen, die mittels des Telematik-Systems erfassbaren und speicherbaren GPS-Standortdaten seines Firmenfahrzeugs zu erfassen und zu speichern. Außerdem beantragte der Mitarbeiter, dass dem Arbeitgeber gerichtlich für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld i. H. v. 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, angedroht wird.
Das Gericht gab dem Mitarbeiter Recht. Es verurteilte den Arbeitgeber zur Unterlassung und drohte ihm auch das beantragte Ordnungsgeld und die alternativ zu verhängende Ordnungshaft an. Die von dem Arbeitgeber beabsichtigte Datenverarbeitung war datenschutzrechtlich unzulässig. Bei den durch die Telematik-Box gewonnenen Daten handelt es sich um personenbezogene Daten. Dem Mitarbeiter war ein bestimmter Dienstwagen auf Dauer übergeben. Aus der bloßen Kenntnis des Kennzeichens des Dienstwagens konnte daher auf den Mitarbeiter geschlossen und sämtliche zum Dienstwagen erfassten Daten des Mitarbeiters zugeordnet werden. Die Überwachung durch ein Telematik-System stellt einen umfassenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar, da der Arbeitgeber standortgenau weiß, wo sich der Arbeitnehmer aufhält und wie seine Fahrweise ist. Die relevanten Interessen des Arbeitgebers erforderten die Datenverarbeitung nicht. Die Nachverfolgung der gefahrenen Kilometer und der Nutzungszeiten, auch als Basis für die korrekte Abrechnung und Verifizierung der Reisekosten, war aufgrund der Vorausplanung bei Wochenbeginn und der von dem Mitarbeiter erstellten Dokumentation über die tatsächlich gefahrene Tour mit Angabe von Art, Uhrzeit, Ansprechpartner etc. und der Spesenabrechnung am Ende der Woche möglich. Die Route für die Fahrten kann den Mitarbeitern vorgegeben werden. Auch können die Berichtspflichten der Arbeitnehmer weiter detailliert und nähere Angaben gefordert werden. Eine Auswertung der Kraftstoffverbrauchs und der Kfz-Kosten kann anhand der gefahrenen Kilometer (Vergleich des jeweiligen Kilometerstandes) und der getankten Literanzahl erfolgen. Eine Analyse und Verbesserung des Fahrverhaltens, auch im Bereich des Eco-Drivings, kann durch eine Schulung der Mitarbeiter oder die Auswertung des Kraftstoffverbrauchs und der Kraftstoffkosten erfolgen. Für die Wiedererlangung des Fahrzeugs im Falle des Diebstahls ist die Erfassung der Fahrmodalitäten und die jederzeitige Echtzeit-Ortung ebenfalls nicht erforderlich. Eine Aktivierung der Ortung im Diebstahlsfall ist ausreichend. Eine Leistungskontrolle in Form einer dauerhaften Totalüberwachung mittels GPS-Daten ist allenfalls zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht einer Straftat begründet. Welcher Mitarbeiter im Falle einer eiligen Kundenreklamation am schnellsten vor Ort sein kann, lässt sich auch durch einen Anruf auf dem Diensthandy des Mitarbeiters klären. Der Aufwand hierfür ist bei einer einstelligen Anzahl von Außendienstlern überschaubar, zumal der Arbeitgeber aufgrund der wöchentlichen Vorausplanung auch bereits einen groben Überblick über die Standorte der einzelnen Außendienstler hat.
Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 30.01.2019, Az. 2 Ca 360/18