Geplante Änderungen bei der Arbeitnehmerüberlassung
Das „Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und weiterer Gesetze“ wird frühestens zum 01.01.2017 in Kraft treten. Der Mitte November 2015 von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgestellte Referentenentwurf ist derart umstritten, dass das Bundeskanzleramt die Ressortabstimmung vorerst gestoppt und das BMAS zu Nachbesserungsarbeiten aufgefordert hat. Aktuell sieht der Referentenentwurf insbesondere die Einführung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, einen Anspruch der Leiharbeitnehmer auf Equal Pay nach neun Monaten und eine erstmalige Legaldefinition des Arbeitsverhältnisses im BGB vor. Die wichtigsten geplanten Änderungen im Überblick:
- Überlassungsdauer: Leiharbeitnehmer sollen künftig grundsätzlich nur noch bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden können. In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrags sollen allerdings längere Einsatzzeiten vereinbart werden können.
- Equal Pay: Leiharbeitnehmer sollen spätestens nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern des Entleihers gleichgestellt werden. Auch insoweit soll – allerdings nur eingeschränkt – eine Abweichung durch Tarifvertrag möglich sein: Soweit nämlich für das Arbeitsverhältnis ein Branchenzuschlags-Tarifvertrag gilt, der eine stufenweise Heranführung des Arbeitsentgelts an Equal Pay vorsieht, soll der Anspruch auf Equal Pay erst nach einer Einsatzdauer von zwölf Monaten bestehen.
- Streik: Es soll geregelt werden, dass Leiharbeitnehmer nicht als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen.
- Mitbestimmung: Vorgesehen ist die Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer bei den für die Mitbestimmung geltenden Schwellenwerten auch beim Entleiher zu berücksichtigten sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht. In § 80 Abs. 2 und § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG soll zudem der Inhalt des bereits bestehenden Informationsrechts des Betriebsrats über den Einsatz von Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber des Betriebs stehen, gesetzlich klargestellt werden.
- Legaldefinition des Arbeitsverhältnisses: In einem neuen § 611a BGB soll der Begriff des Arbeitsverhältnisses zum ersten Mal gesetzlich definiert werden. Hierfür hat das Bundesarbeitsministerium einen Teil der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von Werk- und Dienstverträgen zu Arbeitsverträgen herangezogen. Außerdem soll klargestellt werden, dass ein Arbeitsvertrag unabhängig von der Bezeichnung und dem formalen Inhalt des Vertrags vorliegt, wenn dies der tatsächlichen Vertragsdurchführung entspricht.
- Keine Arbeitnehmerüberlassung „auf Vorrat“ mehr: Bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung sollen der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber auch bei Vorlage einer Überlassungserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit nicht bessergestellt werden als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt.
Der Referentenentwurf ist in der Wirtschaft auf heftige Kritik gestoßen. Diese richtet sich vor allem gegen den geplanten § 611a BGB. Der in Abs. 2 der Vorschrift enthaltene Kriterienkatalog für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses – in Abgrenzung zu Werk- und Dienstverträgen – sei praxisfern und schaffe eine hohe Rechtsunsicherheit. Das Bundeskanzleramt hat auf diese Kritik reagiert, die Ressortabstimmung gestoppt und das Bundesarbeitsministerium aufgefordert, noch einmal nachzubessern. Bereits in Kraft getreten ist am 1.12.2015 die Zweite Verordnung zur Änderung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis-Kostenverordnung. Mit der Verordnung wurden die Gebühren für die Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung erstmalig nach über zwölf Jahren erhöht (befristete Erlaubnis bisher 750 Euro, künftig 1.000 Euro; unbefristete Erlaubnis bisher 2.000 Euro, künftig 2.500 Euro).
Meldung vom 22.12.2015